Fernando Muraca: Das
Land der Heiligen (2015)
Der Mafia-Thriller Das Land der Heiligen besticht durch seine besondere und ungewohnte
Perspektive, nämlich die Sicht der Frauen in der Mafia-Szene Kalabriens, wo die
‘Ndrangheta herrschen. Die Ehefrau Caterina des untergetauchten Bosses Alfredo
hat ihren Sohn Pasquale für die Führung des Mafia-Clans erzogen. Auch ihre
jüngere Schwester Assunta, die im Bandenkrieg ihren Ehemann verloren hat, sieht
ihren Sohn Giuseppe auf dem besten Wege in die Mafia-Szene. Die Staatsanwältin
Vittoria aus Norditalien dringt in diesen Mafia-Clan ein und bricht das
Schweigen der Frauen. Damit rüttelt sie kräftig an der patriarchalen Struktur
der Mafia, die wesentlicher Teil ihres Erfolges ist. Indem Frauen und Müttern
die Augen geöffnet werden und ihr Horizont über die Grenzen des Mafia-Clans
hinaus ausgeweitet wird, mobilisiert Vittoria die stärkste Waffe gegen die
‘Ndrangheta, die das „Land der Heiligen“ kriminalisiert haben. Den Frauen der
Mafiosi fehlt der Vergleich, fehlt die Kenntnis einer anderen Welt als der der
Mafia. Erst als sie über sich und ihre Welt zu sprechen beginnen, gelingt es
ihnen aus der kriminellen Isolation auszubrechen.
Der Film basiert
auf dem Buch Il cielo a metà (2014) von
Monia Zapelli, mit der Muraca zusammen das Drehbuch seines Films geschrieben
hat. Nicht nur die außergewöhnliche Perspektive des Films, auch sein gesamtes
Setting bricht mit gängigen Klischees der Mafia. Hier geht es nicht um Schnurrbärte
und schwarze Anzüge, Action und Verfolgung. Hier geht es um das ganz normale
Leben, eine durchstrukturierte und mächtige Welt inmitten der gegenwärtigen
Welt eines jeden, für den diese Welten zumindest an der Oberfläche kaum voneinander
unterscheidbar sind.
Fernando Muraca
ist das erste Mal im Jahr 2000 mit seinem Kurzfilm Ti Porto Dentro in Erscheinung getreten. Es folgten Backstage „Madre Teresa di Calcutta“ (2003)
und sein erster Langspielfilm Nel cuore
il mondo (2004). Der Kurzfilm ließ ihn allerdings nicht los, so dass 2006 Ti voglio bene Assai erschien, 2007
folgten fünf weitere Kurzfilme und 2008 schließlich wieder ein Langspielfilm, È Tempo di Cambiare. Lange ließ Muraca
seine Zuschauer warten bis im März dieses Jahres La terra die santi/Das Land der Heiligen erschien. Muraca studierte
an der Universität La Sapienza in Rom Filmgeschichte und begann nach seinem
Examen 1992 als Regisseur und Theaterschriftsteller zu wirken. Er arbeitete
fürs Fernsehen, leitete u.a. die Serie Indietro
nel tempo, die vielfach ausgezeichnet wurde.
Ohne die Unterstützung der
Filmkommission der Region Puglia hätte dieser Film nicht realisiert werden
können, der von der Filmförderung Kalabriens gewissermaßen ignoriert wurde.
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