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Familie Amato in Duisburg |
Solino (2002) von Fatih Akin
Solino ist ein kleines Dorf im süditalienischen
Apulien, zu einem “Solino”, einem Alleinseienden, wird nicht nur der kleine
Junge Gigi, sondern auch der Rest der Familie, als sie nach Deutschland gehen:
der Bruder Giancarlo, die Mutter Rosetta Amato und Vater Romano Amato. Schweren
Herzens brechen Mutter und Kinder mit dem Vater mit dem Zug auf, weil im
Duisburg der sechziger Jahre Arbeit und damit Sicherheit und Zukunft auf die
Familie warten. Sie werden die Familie, die das erste und lange einzige
italienische Restaurant in Deutschland eröffnen, das Restaurant „Solino“.
In eindrucksvollen Bildern wird von der Tristesse
deutscher Städte, dem Ruhrgebiet und der Entwicklung der Nachkriegsgesellschaft
von 1964 bis 1984 erzählt. Thematisiert werden die Sprachprobleme, die
Schwierigkeiten sich an Lebensmittel und Klima Deutschlands zu gewöhnen und
Erziehungsproblemen. Die Mutter hat schließlich die Idee ein Restaurant für die
Italiener in Deutschland zu eröffnen, damit sie wie zuhause essen können. Im
Keller eines leer stehendes Hauses in ihrer Straße richtigen sie eine Küche
ein, die zum Mittelpunkt der Familie werden wird, aber zugleich die gewonnene
Zukunft einkerkert. Gleich zu Beginn thematisiert eine Szene dabei den Subtext
dieser Story: die Familie (noch in der italienischen Heimat) versucht einen
Vogel, der frei durch das Wohnzimmer fliegt und sich dort verirrt hat,
einzufangen, um ihm die Freiheit zu schenken. Die Schwierigkeiten und
Herausforderungen des unbedingt Notwendigen und zugleich fast unmöglich
scheinenden werden hier zum Thema gemacht. Man muss den Vogel einfangen, um ihm
die Freiheit zu schenken. Andererseits lässt sich der, der frei ist, nicht
einfach einfangen. Zugleich ist der, der frei zu sein scheint, nicht unbedingt
frei, sondern in einem weiter abgesteckten Raum, der Freiheit zu versprechen
scheint, gefangen – so der Vogel im Wohnzimmer und so später die Familie Amato
in Deutschland. Sie wird diesen scheinbaren vogelfreien Flug in Deutschland
nicht als Familie überleben und zerbricht als die herangewachsenen Söhne
beschließen, ihre eigenen Wege zu gehen und die Mutter den Vater mit einer
Geliebten erwischt. Schwer an Leukämie erkrankt kehrt sie nach Solino zurück.
Gigi und Giancarlo leben mit der Deutschen Jo in einer WG. Ihre Rivalität um
die junge hübsche Frau treibt die Brüder immer weiter auseinander wie auch die
Fürsorge um die Mutter. Dabei offenbart sich, dass jeder Egoismus, der von
ihnen gelebt wird, mit alten Wunden verbunden ist, die versucht werden, zu
heilen: Rosetta leidet am deutschen Alltag, der mangelnde Zärtlichkeit ihres
Mannes. Gigi kämpft um seinen Traum, Filmemacher zu werden und das unmögliche
möglich zu machen wie z.B. den Schnee nach Italien zu bringen. Er fühlt sich
von seinem Bruder und Vater mit der Verantwortung für die kranke Mutter
alleingelassen. Giancarlo gönnt seinem Bruder dessen Erfolg mit seinem ersten
Film nicht, weil er sich vernachlässigt und nicht genug wahrgenommen fühlt. Er
möchte es sein, an den geglaubt wird. Und Romano? Auch er kämpft, kämpft um den
Preis seiner Ehe und den Kontakt mit seinen Söhnen. Insbesondere Giancarlo ist
er dabei viel ähnlicher als es beiden bewusst ist, denn auch Romano Amato
arbeitet Tag und Nacht, um die Anerkennung in seiner Heimat zu erhalten, um wer
zu sein, um als jemand wahrgenommen zu werden, der es zu etwas gebracht hat,
der Erfolg hat.
Wie sich das neue Leben Rosettas in der alten Heimat
entwickelt und wo Gigi beschließt zu leben, sei an dieser Stelle noch nicht
verraten. Preisgeben aber lässt sich die Quintessenz des Films, die im Film
direkt besprochen wird: „Was ist wichtig im Leben? Lebe dein Leben mit Feuer
und Leidenschaft.“ Gehe durch deine Welt mit offenen Augen, so als würdest du
sie das erste Mal sehen.
Fatih Akin ist ein deutscher Regisseur türkischer
Abstammung. Sein Film Solino aus dem Jahre 2002 ist einer seiner früheren
Filme, erst mit seinem viel ausgezeichneten vierten Film Gegen die Wand (2004)
wurde Akin international bekannt. Das Drehbuch für diesen Film schrieb Ruth
Toma. Seine Eltern siedelte Mitte der sechziger Jahre aus der Türkei nach
Deutschland über, Fatih Akin wurde 1973 in Hamburg geboren. Bereits in seiner
Schulzeit entwickelte er ein großes Interesse für den Film und schrieb seine
ersten Drehbücher. Nach dem Abitur studierte er „Visuelle Kommunikation“ an der
Hamburger Hochschule für Bildende Künste (HfbK). Akin war u.a. in der Jury der
Filmfestspiele von Cannes sowie als Lehrbeauftrager an der HfbK in Hamburg
tätig und ist Mitglied der Freien Akademie der Künste Hamburg. Neben
Spielfilmen produziert er auch Kurzfilme, Dokumentarfilme und Musikvideos.
Abbildung: Familie Amato in Duisburg. Quelle:
http://image.toutlecine.com/photos/s/o/l/solino-2002-03-g.jpg